Der Zollverein Park
Ein Park entsteht
Projekt-
Daten
Projekt | Freianlagen des UNESCO Welterbes Zollverein |
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Ort | Essen |
Auftraggeber | 2005 bis 2014 NRW.Urban GmbH, Dortmund treuhänderisch für die Stiftung Zollverein, Essen; seit 2015 Stiftung Zollverein, Essen |
Landschaftsarchitekten | Die Planergruppe |
weitere Planer | Observatorium, Rotterdam (Kunst) F1rstdesign, Köln (Orientierungssystem), Licht Kunst Licht, Bonn (Beleuchtungskonzept) |
Planung | seit 2005 |
Realisierung | 1. BA 2005 bis 2006 2. BA 2007 bis 2009 3. BA 2010 bis 2014 4. BA 2016 bis 2022 |
Fläche | ca. 80 ha |
Fotos | Thomas Mayer, Claudia Dreyße |
Besonderes | Buch: Zollverein Park. Staub, Stille und Spektakel, März 2017, Verlag der Buchhandlung Walther König |
„Es gibt Landschaften, die hat man vergessen. Sie sind irgendwo liegengeblieben, niemand kümmert sich um sie. Zu finden sind sie überall; draußen auf dem Land und in den Städten. Es sind vergessene Niemandsländer. Das Leben der Tiere und Pflanzen bleibt hier eher im Verborgenen. „Normale Menschen“ sind selten anzutreffen; vielleicht ein paar Kinder und Jugendliche, die vom behüteten Zuhause Reißaus nehmen. Und ein paar, nennen wir sie „skurrile Insider“, die diese vergessenen Landschaften wie ungehobene Schätze betrachten.
Das Areal der Absetzbecken der ehemaligen Zeche Zollverein, der heutige „Skulpturenwald“, ist solch eine Landschaft: abseits, schwer erreichbar, eingemauert und mit Zäunen abgesichert. Für den „skurrilen Insider“ ist es ein Park, ein vielgestaltiger Freiraum im unmittelbaren Umfeld eines außergewöhnlichen Industriedenkmals. Ein Park mit lichten Wäldern, dunklen Gebüschen, Wasserflächen und offenen, weiten Räumen, die den Blick aus den baumbeschatteten Wegen freigeben.
Der Park ist im Laufe weniger Jahre inmitten von Zechen und Kokereien entstanden, fast von allein. Zugegeben: Baggerfahrer haben Kohleschlammbecken ausgebaggert, Böschungen wurden planiert und Halden aufgekippt; Rohrleitungen wurden verlegt, Stahlgittermasten montiert, Kühltürme errichtet und Schlote empor gemauert, Bahndämme geschüttet und Gleise verlegt. Landschaftsarchitekten mit ihren Gärtnerkolonnen waren nicht dabei. Trotzdem – oder deshalb? – ist alles so prächtig und auch so fremd.
So war unsere Sicht auf den Zollverein Park 1994, als es den Zollverein Park noch gar nicht gab, als aber damit begonnen wurde, den Schatz zu heben. Der Park wurde zugänglich gemacht. Auf schmalen Wegen konnte man ihn nun erlaufen. Vertraute Elemente – Brücken, Treppen, Wege – führten jetzt zu einigen Skulpturen und erschlossen neue Landschaften. Ulrich Rückriem hat archaische Granitskulpturen in besonderen Situationen platziert. Hinweise auf besonders spannungsreiche Landschaftsbilder. Das Niemandsland durfte betreten werden, seine Besucher machten es zum Park.
In der Folge dieser ersten Intervention nahm das Areal der Zeche und Kokerei Zollverein eine rasante Entwicklung. Hallen wurden saniert, neues Leben zog ein, Masterpläne wurden erstellt, Ideen entwickelt, Gelder bereitgestellt. Zollverein wurde Welterbe und ein Symbol für den Strukturwandel im Ruhrgebiet.
Das Konzept, mit dem wir 2005 den Realisierungswettbewerb für den Zollverein Park gewannen, verknüpft diese zwei Sichtweisen auf den Park: die vorsichtige Akzentuierung der vorhandenen Eigenheiten und Qualitäten einer vergessenen Landschaft und die notwendige Etablierung vielgestaltiger und robuster Infrastrukturen für neue Aktivitäten auf Zollverein.
Unser Umgang mit Zollverein basiert auf einigen Grundsätzen: Betonung des architektonischen Ensembles, Zurückhaltung in der Landschaftsarchitektur, Reduzierung der Elemente und Materialien, Respekt vor dem Bestehenden, Bewahrung des industriellen Ursprungs, Aneignung des Raumes durch die Besucher, Sichtbar- und Erlebbarmachung der Transformation vom hermetisch abgeriegelten Industrieareal zum öffentlichen touristischen Highlight.
Der Zollverein Park, der sich auf industriell geprägtem Terrain entwickelt hat und der durch behutsames Hinzufügen und Ordnen seinen Ursprung nicht verleugnet, erhält sein Alleinstellungsmerkmal durch das kontrastreiche Spiel zwischen den klaren, einfachen Formen und Strukturen der Industriearchitektur und der Vielfalt der spontanen Vegetation. Die Form und das äußere Erscheinungsbild des Parks werden durch eine planvolle und kontinuierliche Pflege entwickelt.
Das langfristig angelegte Konzept der Entwicklung durch Pflege geht einher mit der schrittweisen Realisierung der Bausteine des Parks. So entsteht über einen vergleichsweise langen Zeitraum ein Park, der aus der verbotenen Zone einen Ort formuliert. Dabei geht es nicht darum, eine museale Industrielandschaft festzuschreiben, das Konzept komponiert vielmehr einen Landschaftsraum aus den bereits vorhandenen Elementen, bezieht dabei die historischen und aktuellen Entwicklungen und Zeichen bewusst und glaubwürdig ein und bietet zukünftigen Entwicklungen und Nutzungen eine Oberfläche und einen vielschichtig interpretierbaren Raum.